Die Anfänge bis 1945

Heinrich Gölzer

Erste polizeiliche Notizen über eine „sozialistische Volksversammlung“ finden sich unter dem Datum vom 8.11.1877 in Kempten. Es ist die Zeit kurz vor der Verabschiedung der Sozialistengesetze (1878-1890). Am 22.11.1890 dann Gründung eines sozialdemokratischen Wahlvereins in der Gaststätte „Goldenes Ross“ (Bäckerstr. 25), Vorstandswahl dort am 7.12.1890. Dort auch am 16.2.1891 die 1. Große sozialdemokratische Versammlung im überfüllten Saal. Referenten waren Eduard Schmid (1919-24 Oberbürgermeister von München) und der aus Hirschdorf bei Kempten stammende spätere Münchner Reichstagsabgeordnete Johann Georg Birk.

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Neuanfang 1945 bis heute

Schnell fanden nach dem verheerenden Krieg die Sozialdemokraten in Kempten wieder zusammen. Im Dezember 1945 genehmigte die Besatzungsmacht die Wiedergründung. Die Nachkriegsthemen, die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum, Heizmaterial und Lebensmittel bestimmte die inhaltliche Arbeit und die Jusos gründeten sich 1946 auch mit dem Ziel „die Jugendlichen von der Straße und dem Schwarzmarkt weg zubringen". Die Mitgliederzahl in Stadt und Landkreis wuchs schnell auf über 1800. Die Mitgliederzahl spiegelte sich nicht im Wahlergebnis. So erreichte die SPD 1946 fünf und 1948 sechs von 32 Mandaten. Laura Häfner wurde bei der Wahl am 26.5.1946 die 1. Stadträtin in Kempten nach dem 2. Weltkrieg. Sie gehörte dem Stadtrat während der 1. Wahlperiode bis zum 30.5.1948 an. Laura Häfner war bereits vor dem 1. Weltkrieg in München aktiv und setzte sich sehr für das Frauenwahlrecht ein.

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Stolz auf die Vergangenheit, verantwortlich in die Zukunft / Jubilarehrung 2013

Neben dem Festredner, Landtagsvizepräsident Franz Mageth, begrüßte die Kreis-vorsitzende Katharina Schrader bei der traditionellen Jubilarehrung der Kemptener SPD im Haus International zwei neue Mitglieder. Das Duo Mariposa umrahmte beeindruckend die Feier musikalisch.
Franz Mageth hob anlässlich des bevorstehenden 150. Geburtstags der Parteigründung im Mai 1863 die Besonderheiten der SPD hervor. Sie sei die einzige Partei dieses Alters in Deutschland. Alle anderen Parteien sind Neugründungen nach dem 2. Weltkrieg. Grund dafür waren wesentlich, dass die Partei der gesellschaftlichen Entwicklung immer voraus war. Sie suchte über alle Zeiten Zukunftsperspektiven mit der Maßgabe, dass es für alle Menschen insgesamt besser wird. Dafür hatte sie ihre Grundwerte. Zeitgeschichtlich betrachtet gebe es so die gesamte Sozialversicherung oder das Frauenwahlrecht nicht. Aktuelle Beispiele sind das Vorhaben des Atomausstiegs, die Ganztagsschule oder der kostenfreie Zugang zu einem Studium.

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Integration als Aufgabe

Kreisvorsitzende Katharina Schrader mit Stadtarchivar Dr. Franz Rasso Böck

Besondere Zufälle bildeten den Rahmen der diesjährigen Jubilarehrung der SPD Ortsvereine und des SPD Kreisverbands Kempten. So erinnerte in der Begrüßung Katharina Schrader als Vorsitzende an die an diesem Tag (29.4.) vor 85 Jahren stattgefundene Abstimmung im Bayerischen Landtag zu den Ermächtigungsgesetzen, die nur von den 16 Abgeordneten der SPD abgelehnt wurden. Besonders galt ihr Blick Michael Pötschke, der blutüberströmt mit zerrissener Kleidung direkt aus dem KZ Dachau kommend erschien und während der Abstimmung notärztlich im Nebenraum behandelt werden musste. „Gerade in der heutigen Zeit, in der Diskriminierung und Rassismus drohen Alltag zu werden, müssen und werden wir uns als Partei und Einzelpersonen diesem entgegenstellen und unsere Freiheit und Demokratie verteidigen“, so Schrader. Geschichtlich war diese frohe Feierstunde weiter geprägt. Stadtarchivar Dr. Franz Rasso Böck war eingeladen einen Streifzug durch Vereinigungsgeschichte von Stiftstadt und Reichsstadt Kempten vorzutragen.

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Rückblick und aktuelle Politik

Kreis- und Fraktionsvorsitzende Katharina Schrader mit Bezirksrätin Petra Beer

Die Ehrung langjähriger Mitglieder der Kemptener SPD war geprägt vom Rückblick auf die Zeit des Eintritts der Jubilare vor 40 oder 50 Jahren. Die SPD-Kreisvorsitzende Katharina Schrader begrüßte die vier zu Ehrenden und die Bezirksrätin Petra Beer (Memmingen). Petra Beer berichtete aktuell über die Aufgaben und Arbeit des Bezirkstags. Sie kam direkt vom Tag der Offenen Tür im Fischereihof Salgen. Er ist eine wichtige Versuchs-, Lehr- und Zuchtanstalt für die heimische Fischwelt in den schwäbischen Gewässern. Ansonsten liegt der Schwerpunkt der Arbeit des Bezirks weitgehend in sozialen Angelegenheiten für die Kommunen in Schwaben, besonders in der Eingliederungshilfe und in den Bezirkskliniken. Damit die Betreuung und Kontakt zu den Bürgern vor Ort passieren kann haben die SPD-Bezirksräte die Verlängerung der Sprechzeiten vor Ort beantragt. Die örtlichen Erfahrungen mit den Beratungen des Bezirks im Altstadthaus zeigen wie notwendig dieser Antrag ist. Nach Möglichkeit sollte es auch mehr Beratungstage geben. Wenn bei den geehrten langjährigen Mitgliedern nach dem Grund des Eintritts gefragt wurde, war es besonders die Aufbruchzeit in Deutschland und der Welt zwischen 1969 und 1979, das Wirken von Willy Brandt, die Auseinandersetzung um den Nato-Doppelbeschluss im Lande.

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Mitgliederehrung, Albert-Wehr-Medaille 2023

Rudi Kettner

Nach längerer Zeit vergab der SPD-Kreisverband Kempten im Rahmen der Jubilarehrung 2023 wieder seine Albert-Wehr-Medaille für besondere Engagement um die Sozialdemokratie. Damit bezieht sie sich auf das Wirken von Albert Wehr (1895-1987). In ihrer Würdigung für Maria Lancier wies die SPD- Kreis- und Fraktionsvorsitzende Katharina Schrader zunächst auf das Leben des bedeutenden Kemptner Sozialdemokraten hin. 1922 wurde er Vorsitzender der Kemptener SPD, Wahl in den Stadtrat 1929, 1933 Schutzhaft durch die Nationalsozialisten, 1946 - 1972 2. Bürgermeister in Kempten, Gründer des Stadtverkehrs und der Festwoche. Diese leitete er von 1949-1973, bis 1977 war er noch Festwochenbeauftragter. 8 Jahre Mitglied des Bayerischen Landtags. 1975 wurde der leidenschaftliche Ballonfahrer Ehrenbürger Kemptens. Der Auftritt des „roten“ Jochen Steffen im Stadttheater 1972 war Anlass für Maria Lancier in die SPD einzutreten. Kümmerin war sie bereits zuvor in ihrem Stadtteil Thingers, damals eine öde Wohnsiedlung ohne jede soziale Infrastruktur. Zudem sehr geplagt durch den Fluglärm des Luftwaffengeschwaders in Memmingerberg. Sie setzte sich ein für Einkauf- und Begegnungsmöglichkeiten. Thingers 2000 wurde gebaut. Zum Mitmachen rief sie über das Thingers-Blättle auf. 45 Jahre existierte der SPD-Kinderflohmarkt, den sie 1974 ins Leben rief. In dieser Zeit entstand mit zwei weiteren Frauen auch das Thingersfest, heute durch Ikarus e.V. und dem Bürgertreff fortgeführt. Das Engagement führte 1978 zur Wahl in den Stadtrat, dem sie bis 1990 angehörte. Engagiert blieb sie weiterhin, nicht nur in der Kemptener SPD. So längere Zeit in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Besonders hervorzuheben ist ihr Engagement in der Hausaufgabenhilfe, die vielen Kindern einen Schulabschluss und besseren Start ins Erwachsenenleben ermöglichten. Katharina Schrader fasste das Wirken von Maria Lancier so zusammen: “ Über die „Mutter von Thingers“ kann man sagen: Thingers und Maria Lancier sind eine beispielhafte, eine erfolgreiche gemeinsame Geschichte!“ Du verdienst nicht nur den Titel „Ein Herz und eine Seele“ sondern mit großem Respekt für all Deine Leistungen zurecht die „Albert Wehr-Medaille“ der Kemptener SPD. Maria Lancier antwortete: „Nun nehme ich die Albert-Wehr-Medaille in aller Bescheidenheit und Dankbarkeit entgegen, erinnert sie doch an einen Menschen, der mit großer Entschiedenheit seinen moralischen Prinzipien treu geblieben ist und sich auch nicht durch die Nazi-Verfolgung brechen ließ. Ich wünsche mir, dass die Partei in diesem Sinne weiter in der Stadt wirkt.“

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