Veruntreute Parkgebühren: SPD Kempten fordert Aufklärung von Oberbürgermeister Kiechle

01. Dezember 2025

Die mutmaßliche Veruntreuung und Unterschlagung von Münzgeld aus öffentlichen Parkscheinautomaten in 720 Fällen, ein Schaden für die Stadt von über einer Million Euro und die Inhaftierung eines städtischen Mitarbeiters haben in den vergangenen Tagen für große Aufregung in Kempten gesorgt. Die ersten Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Kempten und des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West sowie eine Pressekonferenz der Stadtspitze werfen nun weitere Fragen auf.

Erklärungsbedürftiges Vorgehen der Stadtspitze

SPD-Fraktionsvorsitzende Katharina Schrader: „Während wir Stadträtinnen und Stadträte in den laufenden Haushaltsverhandlungen jeden Euro umdrehen müssen, sind der Stadt mutmaßlich weit über eine Million Euro gestohlen worden. Wir sind entsetzt, dass dies über Jahre unbemerkt bleiben konnte.“

Schrader erkennt im Namen der SPD-Fraktion und des SPD-Ortsvereins Kempten an, dass die Stadtspitze Schritte zur Aufklärung unternommen hat. Sie hält jedoch das bisherige Vorgehen für erklärungsbedürftig: „Ich verstehe nicht, warum Oberbürgermeister Thomas Kiechle in einer Pressemitteilung mitteilt, erst am Montag vom Sachverhalt erfahren zu haben, um dann in einer Pressekonferenz mitzuteilen, dass ihn eine örtliche Bank bereits vor zwei Monaten informiert habe. Das passt nicht zusammen.“

Undurchsichtiges Vorgehen der Bank

Hans Jürgen Ulm, stellvertretender Vorsitzender der SPD Kempten, sieht weitere Ungereimtheiten: „Banken haben für Verdachtsfälle klar definierte Prozesse. Dass die Bank in diesem Fall sensible Kundeninformationen direkt an Oberbürgermeister Kiechle weitergegeben haben soll, widerspricht gängiger Praxis und der Verpflichtung, Verdachtsfälle vertraulich zu behandeln. Warum wurde der Oberbürgermeister laut Zeitungsberichten von der Bank befragt – und nicht durch die zuständigen Behörden?“ Ulm möchte wissen, ob die Bank bei Feststellung der ungewöhnlichen Transaktionen unmittelbar eine Verdachtsmeldung abgegeben hat, ob es Rückmeldungen der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen und der Ermittlungsbehörden gab und ob diese den Verdachtsfall weiter verfolgt haben.

Ulm fordert außerdem Aufklärung beim hergestellten Zusammenhang zwischen Kleingeld und Parkscheinautomaten: „Hat die Bank diesen Zusammenhang erkannt und der Stadtspitze mitgeteilt, oder wurde er erst durch die Ermittlungsbehörden festgestellt? Zu welchem Zeitpunkt wurde Oberbürgermeister Kiechle informiert? Und weshalb rät der Oberbürgermeister laut Presseberichten der Bank, Anzeige zu erstatten, anstatt selbst seiner Pflicht nachzukommen und den ihm bekannt gewordenen Verdacht auf Straftaten anzuzeigen?“

Schließlich nimmt Ulm auch den Hersteller der Parkscheinautomaten in die Verantwortung: „Wie sieht das Sicherheitskonzept des Herstellers aus? Weshalb wurden die Schlösser an den Parkscheinautomaten so kurzfristig ausgewechselt? Und welche zusätzlichen Kosten entstehen der Stadt dadurch?“

Vertrauen beschädigt

Katharina Schrader befürchtet, dass an mehreren Stellen Vertrauen beschädigt wurde: „Städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Kundinnen und Kunden dieser Bank sind, müssen darauf vertrauen können, dass in Verdachtsfällen professionell vorgegangen wird und Nachfragen oder Ermittlungen ausschließlich durch die zuständigen Behörden erfolgen.“

Sie zeigt sich zudem irritiert darüber, dass laut Berichterstattung Personalangelegenheiten in einer Pressekonferenz thematisiert worden seien, obwohl die Staatsanwaltschaft zuvor ausdrücklich auf die Unschuldsvermutung hingewiesen hatte. Auch die plötzliche Übertragung der Öffnung und Leerung der Parkscheinautomaten an einen privaten Dienstleister sieht Schrader kritisch: „Wie ich höre, wird diese Entscheidung von vielen Mitarbeitenden des Bauhofs nicht als Schutzmaßnahme, sondern als Vertrauensentzug wahrgenommen. Warum wurde nicht transparent und offen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen?“

Schnelle Aufklärung durch Oberbürgermeister Kiechle notwendig

Für Ulm und Schrader ist nun der Oberbürgermeister gefordert: „Der Aktionismus der vergangenen Tage hat zu zusätzlicher Verunsicherung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung sowie zu erheblichen Diskussionen in der Bürgerschaft geführt. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten erwarten daher von Oberbürgermeister Thomas Kiechle eine transparente und umfassende Aufklärung der offenen Fragen.“

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