Kempten braucht eine Willkommenskultur statt Fremdenhass

10. September 2014

Als Integrationsbeauftragter des Kemptener Stadtrats und als Vorsitzender des Integrationsbeirats ist es meine Pflicht zu der geplanten Notunterkunft und zu den fremdenfeindlichen Äußerungen der Anlieger Stellung zu beziehen. Kempten betreibt seit Jahrzehnten eine erfolgreiche Integrationspolitik. Menschen aus rund 120 Nationen leben friedlich miteinander und die kulturelle Vielfalt bereichert die Stadt und stellt damit einen positiven Faktor dar für den Wirtschaftsstandort Kempten. Fremdenfeindliches Verhalten ist die große Ausnahme. Seit vielen Jahren leben in der Massenunterkunft am Rübezahlweg durchschnittlich 140 Asylbewerber, die auf eine Entscheidung in ihren Verfahren warten. Auch der Rübezahlweg ist ein Wohngebiet, aber mehr als übliche Konflikte sind mir von dort nicht bekannt. Die extreme Notlage durch den enormen Ansturm von Flüchtlingen erfordert allenthalben, auch in Kempten, die Bereitstellung von Unterkünften. Das Ämtergebäude in der Maler-Lochbihler-Straße ist zwar nicht ideal, aber für ein vorübergehendes Aufnahmelager immer noch besser geeignet als eine abgesperrte Unterkunft in einer Kaserne - was offensichtlich einige Anlieger lieber hätten.

Die ankommenden Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten, unter ihnen auch etliche Christen aus Syrien, haben schlimmste Erlebnisse hinter sich, sind vor Verfolgung und tödlichen Gefahren geflohen. Diesen Menschen schlägt nun zumindest in den anonymen Äußerungen einiger Anlieger Fremdenfeindlichkeit und Hass entgegen. Diesen Flüchtlingen, zum Teil mit guter Qualifikation, denn darunter sind Handwerker, Lehrer, Apotheker usw. unterstellt man, dass sie stehlen und das Wohnviertel verunsichern. Diese Äußerungen erinnern an die schwärzesten Stunden deutscher Geschichte, sind menschenverachtend und lassen menschlichen Anstand, geschweige denn Nächstenliebe vermissen. Auch Flüchtlinge wollen in der Stadt einkaufen, wollen eine normale Umgebung zum Leben haben, deshalb darf man sie nicht isolieren. Kempten muss weiter eine weltoffene Stadt bleiben und statt Fremdenfeindlichkeit fordere ich eine Willkommenskultur, fordere Achtung und Respekt gegenüber den Flüchtlingen und vor allem eine menschliche Solidarität. Dankenswerter Weise zeigen einige Leserbriefe diese Haltung auch auf. Auf dem diesjährigen Programmheft zum Interkulturellen Herbst 2014 steht das japanische Sprichwort „Urteile nicht über Dinge, von denen du nur Echo und Schatten kennst. Und über Menschen erst recht nicht.“

Die SPD-Stadtratsfraktion und der SPD-Kreisverband stellen sich voll hinter die Stellungnahme ihres Fraktionsvorsitzenden Siegfried Oberdörfer, hier als Integrationsbeauftragter und Vorsitzender des Integrationsbeirats geäußert.

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